Du musst dir nicht jede Berührung gefallen lassen.
Sexueller Missbrauch kann schon dort beginnen, wo dich ein Erwachsener so berührt, dass es dir unangenehm ist. Dieser Erwachsene kann ein Fremder sein oder jemand, den du gut kennst. Es kann sogar jemand aus deiner Familie sein. Manchmal kann man dieses unangenehme Gefühl gar nicht genau beschreiben. Man weiß nur, es ist komisch und es ist nicht richtig, was da gerade passiert. Es ist ganz wichtig, dass du deinen Gefühlen traust und sie ganz ernst nimmst.
Egal wie alt du bist, du darfst selbst darüber bestimmen, wer dich wann und wie anfasst. Gegen unangenehme, unerwünschte Berührungen kannst, darfst und musst du dich wehren. Das kann ein älterer Herr sein, der sich in der Warteschlange im Supermarkt zu dicht an dich drückt, der Onkel, der beim Familienbesuch deine Brüste anfasst, der Arzt, der viel zu lange seine Hand auf deinen Beinen liegen lässt oder die Jugendlichen, die dir in der Straßenbahn an den Po fassen.
Wann immer du ungute Gefühle hast, wenn dir Erwachsene oder andere Kinder und Jugendliche zu nahe kommen, dich berühren, dann höre auf deinen Bauch! Du hast ein Recht darauf, zu zeigen, wenn dich das wütend oder traurig macht, wenn es dir unangenehm ist. Drücke diese Gefühle nicht weg, mach sie dir bewusst und lass sie heraus. Zeige was du fühlst!
Die unangenehmen, verwirrenden Berührungen brauchst du nicht zulassen! Sobald du spürst, dass hier etwas Komisches passiert, was du nicht genau einordnen kannst, kannst du das zeigen. Es ist richtig was du fühlst, auch wenn du im ersten Moment denkst, das kann nicht sein, dass mir jemand was Schlechtes tun will.
Gegen unangenehme, unerwünschte Berührungen kannst, darfst und musst du dich wehren.
Ob unangenehm oder nur komisch, du hast das Recht NEIN zu sagen, wenn jemand dich auf eine Art berührt, die dir nicht gefällt - egal warum! Nicht die Gefühle desjenigen, der dich anfasst sind entscheidend, sondern deine eigenen Gefühle. Du hast das Recht, Grenzen zu setzen und diese auch zu verteidigen. Du musst auf dich Rücksicht nehmen, nicht auf den oder die, die deine Grenzen überschreiten! Wehre dich!
Über schlechte Geheimnisse, die dir Angst machen oder durch die du dich bedroht und erpresst fühlst, darfst du reden. Jeder Täter versucht, sein Opfer zur Geheimhaltung zu verpflichten, um ungehindert und ungestraft weitermachen zu können. Darüber zu sprechen, ist nicht dasselbe wie Petzen, sondern dein Recht auf Hilfe.
Du hast ein Recht auf Hilfe und bekommst sie auch! Wende dich
an die Erwachsenen von denen du weißt, dass sie dir auch in der Vergangenheit
zugehört und geholfen haben. An Erwachsene, von denen du weißt, dass sie zu dir
halten und bei denen du das Gefühl hast, dass sie dich ernst nehmen! Scheue dich
nicht zu erzählen, was dir passiert ist. Deine Eltern oder Eltern deiner
Freunde, Lehrer oder eine andere Vertrauensperson werden dir zuhören, und
gemeinsam könnt ihr entscheiden, was zu tun ist.
Ganz wichtig: Lass dich nicht entmutigen! Sollte doch der
Erwachsene an dem, was du erzählst zweifeln, lass nicht locker! Geh zu einer
anderen Vertrauensperson oder wende dich an Beratungsstellen, zum Beispiel an
den Verein Wildwasser.
Wo man es am wenigsten erwartet, kommt es manchmal zum Missbrauch.
Mädchen und Jungen fühlen sich meistens schuldig und schämen sich sehr, wenn ihnen sexuelle Gewalt angetan wird. Auch „Antatschen“ ist sexuelle Gewalt! Sich zu schämen ist einer der wichtigsten Gründe, warum das Opfer mit niemandem darüber spricht. Diese Schuldgefühle sind vom Täter beabsichtigt. Schweigt das Opfer, braucht er nichts zu befürchten und kann ungehindert weiter machen. Aber: Du hast keine Schuld, auch wenn du Geschenke angenommen oder angeblich provoziert hast. Die volle Verantwortung liegt bei den Erwachsenen, die missbrauchen!
Wenn du draußen bist, im Park, auf der Straße oder im Bus, dann sprich andere Erwachsene in der Nähe an und bitte sie, dir zu helfen. Rufe laut: „Nein! Lassen Sie mich in Ruhe! Ich will das nicht!“ Oder gehe in das nächste Geschäft und bitte dort um Hilfe. Sage deinen Eltern immer, wo du bist. Rufe sie an und bitte sie, dich abzuholen, wenn du das Gefühl hast, dich verfolgt oder bedrängt jemand.
Egal was passiert ist, in jedem Fall solltest du darüber sprechen, auch wenn es dir sehr schwer fällt.